Zum Inhalt springen


texte-im-netz
Lesen und Neues erfahren


21. November 2010

Therapieausbildung zu Paarproblemen

Die Teilnehmer der Therapieausbildung erfahren im Seminar zur Paartherapie auch die Hintergründe dazu, wie sich ein Paar findet.

Wenn ein Mensch erwachsen ist, dann wird er sich eine/n Partner/in suchen, die/der dem eigenen Familiensystem entspricht. D.h. unbewusst wird derjenige Partner als passend ausgewählt, der ähnliche Regeln und Verbote aus seinem System heraus „befolgt“. Das soll verhindern, dass man mit wunden Punkten konfrontiert wird. Wenn also jemand zum Beispiel nicht Wut zulassen durfte, dann wird er sich keinen Partner suchen, der offen und aggressiv seine Konflikte austrägt. Dieses würde zu viel Spannung für die betreffende Person bedeuten. In der Psychotherapieausbildung lernen dazu die Teilnehmer mit einem Paar über solche Gemeinsamkeiten an Regeln, Geboten und Verboten zu sprechen. Die Partner sollen sich gemeinsam anschauen, wie angemessen solche Regeln sind und welche sie gern dazu nehmen möchten.

Gleich und gleich gesellt sich gern: Es finden sich also Partner, welche dieselben verbotenen Gefühle und Ansichten verdrängt haben. So haben sie vielleicht als gemeinsames Thema das Verdrängen und nicht-Zulassen von Traurigkeit. Sie finden sich dann vielleicht, weil beide gleichermaßen lustig und fröhlich sind. Wenn sie sich gefunden haben, dann werden sie merken, dass sie viele gemeinsame Einstellungen, Verhaltensweisen und Interessen haben. Was sie nicht merken, sind die gleichen verdrängten Gefühle, weil diese ja gerade nicht wahrgenommen werden. Der Vorteil bei der Partnerwahl besteht also darin, nicht mit den eigenen verdrängten Anteilen konfrontiert zu werden, weil der Partner diese ebenfalls verdrängt.

Gegensätze ziehen sich an: Was aber ist mit Partnern, die unterschiedlich sind? Hier sind die Unterschiede nur scheinbar. Wenn wir zum Beispiel ein Paar haben, wo die Frau sehr fröhlich wirkt und der Mann sehr ernst. Hier könnte man meinen, dass es keine gemeinsamen verdrängten Anteile gibt. Bei näherer Betrachtung stellt sich aber heraus, dass beide (!) das Thema Traurigkeit verdrängen. Bei der Frau wird nur Fröhlichkeit zugelassen und die Traurigkeit verdrängt. Beim Mann kann es als Kind zu einer doppelten Verdrängung gekommen sein. Als Kind durfte er vielleicht auch keine Traurigkeit zulassen und hat diese verdrängt. Daraufhin hat er alles mit Fröhlichkeit überspielt. Nun könnten aber die Eltern diese Fröhlichkeit nicht zugelassen haben, so dass diese ebenfalls verdrängt wurde. Daraufhin blieb als Verhaltens- und Emotionsmuster nur die Ernsthaftigkeit. Ein solcher Mann wäre dann von der Fröhlichkeit seiner Frau angezogen, weil es bei ihm eine (unbewusste) Sehnsucht danach gibt, diesen verdrängten Anteil zu zulassen. Gleichzeitig würde die Frau von seiner Ernsthaftigkeit angezogen werden. Damit verhalten sich beide komplementär.

Mann und Frau bilden dann ein neues System mit eigenen Regeln und Verboten. Oft ist dieses ähnlich dem System der Eltern. Auch eine Abgrenzung vom System der Eltern wird oft nicht aufrecht erhalten sondern wird wieder zu einer Ähnlichkeit zurück finden.

Eine gesunde Partnerschaft zeichnet sich dadurch aus, dass jeder toleriert, dass und was der andere an Gefühlen verdrängt. Dass man bereit ist, dahin zu schauen und sich diese verdrängten Anteile bewusst zu machen und dass es einen recht freien, ungezwungenen Umgang miteinander gibt.

Bei einer gestörten Partnerschaft werden viele Gefühle abgespalten und verdrängt. Die Partner sind empfindlich gegenüber Kritik und es kommt zu häufigen Konflikten und Streitereien. Die Teilnehmer der Therapieausbildung lernen dazu Strategien, wie Konflikte konstruktiver geführt werden und wie eine zu starre Partnerschaft um neue Verhaltensweisen und Einsichten erweitert werden kann.

Autor: Dipl.-Psych. Norman Ehlert – Leiter der Integrierenden Therapieausbildung.

Schlagwörter: , , , , ,